30 Jahre Hans - Episoden aus seinem Leben

Am 20. Januar 1980 erblickte Hans gegen Abend als 2. Sohn der Försterfamilie Radestock im Krankenhaus von Königs Wusterhausen das Licht der Welt.
Komplikationen gab es nicht, Hans machte es der Mutti leicht und flutschte schnell ans Abendlicht – kein Wunder, war er doch ein Sonntagskind!

Nun atmeten zwei kleine Wesen im eiskalten Schlafzimmer der glücklichen Eltern!
Bruder Jörg war Anfangs eifersüchtig. Aber er verstand und war stolz darauf, dass er ja nun der „große Bruder“ ist, und so hielt er bald und oft seinen Hans im Arm.
Leider konnte er mit dem Kleinen vorerst noch nicht so viel anstellen
- deshalb war Jörg froh, als Hans endlich krabbeln und laufen lernte.
Das geschah allerdings manchmal zum Leidwesen der Eltern, denn Hans machte seinem Namen Ehre – als Hans-Dampf-in-allen-Gassen!
Um ein Beispiel zu nennen: er hat er es geschafft, alle Knöpfe des elterlichen neuen Radios (teuere Sache damals in der DDR!) abzumontieren, noch bevor er laufen konnte, und keiner hat es jemals vollständig wieder komplettieren können. Das Radio war übrigens noch bis vor 4 Jahren in Gebrauch - jetzt steht es im Keller und wartet entsprechend des Verursacherprinzips darauf, dass es endlich wieder repariert wird.

Hans war kein guter Esser. Mit viel Tricks hat Mutti Beate versucht, ihn zu füttern. Seine in Häppchen geschnittene Stulle zerlegte er in noch kleinere, und am Schluss wurde alles ungegessen zermanscht. Es liegen zu in dieser Angelegenheit mehrere Beweisfotos vor!
Der Ausweg war: Beate machte abends oft mit ihm per Kinderwagen einen Spaziergang, und brachte dann, Kinderlieder vorsingend, den Hans zum Essen.
Papa Klaus machte sich aus dieser Essensverweigerungs-Haltung seines Sohnes oft einen Jux: wenn es Brei gab, setzte er sich ihm gegenüber und zeigt ihm, wie man brrrrrrrrrrrrrrrrrr … macht:
Zunge auf die Unterlippe, und los! Der Mutti gefiel das weniger.

Einjährig konnte Hans laufen und musste nun natürlich auch die jetzt viel größer gewordene Welt erkunden. Sein Bruder Jörg half ihm dabei. Interessant und spannend war die Forsthaus-Umgebung immer.
So passierte es einmal, dass Hans und Jörg nackt hinter einer kleinen Katze her rannten. Die Mietze suchte Zuflucht in einem Brennnesselsaum - und Hans hinterher. Das Geschrei war groß;
da half dann nur noch kaltes Wasser! Jörg war schlauer, da schon älter und erfahrener, und umging die Gefahr.

Beide Jungs gingen in den Gräbendorfer Kindergarten. Dort hat sich der Hans bald die Windpocken „eingefangen“, und leider das Meiste davon auf dem Kopf. Der Arzt verschrieb Pustel-Puder gegen den Juckreiz.
Als er dem Arzt dann noch mal vorgestellt wurde, fing dieser an, seine am Kopf abheilenden Krusten mit der Pinzette zu bearbeiten. Mutti gebot sofort Einhalt, zumal Hans vor Schmerz brüllte, aber auch, weil sie wusste, dass Narben zurückbleiben könnten - was ja leider auch passiert ist. Es tat aber seinem Aussehen keinen Abbruch: er ist trotzdem ein schöner Junge geworden – und es bis heute geblieben!
Als auch die Läuse sich im Kindergarten auf den Köpfen der Kinder ausbreiteten, haben beide Jungs, tierlieb wie sie waren, die kleinen Tierchen mitgebracht. Mutti war aber clever und hat ihnen fortan die Haare ganz kurz geschnitten, und so war das für alle Zeit erledigt.

Mit dem Eintritt ins Kindergartenalter war der Hans für den Jörg nun entgültig ein akzeptabler Spielkamerad geworden: Endlich konnte man mit ihm verrückte Pläne schmieden und in die Tat umsetzen.
In dieser Zeit kamen übrigens die ersten Filme über die dänische Olsenbande in die Kinos, und die Eltern dachten sich bei den Streichen ihrer fantasievollen Kinder so manches Mal: das ist es!
Gott sei dank landete aber in der Folgezeit nie jemand im Gefängnis.

Papa baute seinen Jungs einen schönen Spielplatz im Garten mit Turm, Rutsche, Sandkasten, Holzhütte … Er tat das wohl aus schlechten Gewissen, weil er ansonsten viel zu wenig daheim war.
Auch eine Schaukel musste her, und Reckstangen in drei verschiedenen Höhen. Später wurde hier dann sogar ein unterirdischer übernachtungstauglicher Bunker eingerichtet, der auch per Funk (mit Kampfgruppen-Kabel versehen) erreichbar war.
Viele Kinder aus dem Dorf versammelten sich künftig bei den Radestocks im Forsthausgarten, denn so etwas gab es sonst nirgends. An Ideen mangelte es beiden Jungs am 3m-Kletterturm nie: Es wurden Holzflugzeuge daran befestigt und „geflogen“, Hasche gespielt, wobei die Erde nicht berührt werden durfte, von oben aus Flitzbogenwettbewerbe oder Mutsprünge oder Klimmzugwettbewerbe veranstaltet, Knieaufschwünge geübt …
Besonders interessant war das alles, wenn im Sommer eine große wassergefüllt Grube ausgehoben war!
Später folgte im benachbarten Wald der Bau von Buden auf großen Bäumen – eine hatte sogar Telefon. Am liebsten hielten sich Hans und Jörg freilich auf der alten Linde im Garten auf. Diese erklommen sie über ein Seil, welches an einem starken Ast befestigt war.
Heute ist die ganze Spiel-Anlage geschliffen, aber: noch immer dient eine an einem 5m-Seil befestigte Sitzstange den Jungs sowie den Gästen des Forsthauses hier als Experimentierfeld für Schaukelkünste aller Art. Den Überschlag hat aber bislang noch keiner geschafft!

In den Winterferien ging’s stets zu Fabigs nach Geraberg im Thüringer Wald. Da hier zwei etwas jüngere, aber gleichfalls abenteuerlustige Mädchen (Heidi + Vera) daheim waren, ging es dort oft hoch her.
Zur Freude der Radestocks fuhr sie Förster Fabig ab und zu mit dem Auto in höhergelegene Orte, und von dort wanderten die Radestocks mit dem Schlitten oder später auf Skiern durch den Winterwald wieder nach unten. Hans und Jörg ließen sich anfangs von den Eltern oft ziehen, weil sie zum Laufen zu faul waren. Einmal ist es dann passiert: Hans bekam eiskalte Füße und fing furchtbar an zu weinen – es schmerzte! Nun war guter Rat teuer, denn es lag noch eine 8-Kilometer-Wanderung vor ihnen - und ringsum nur Thüringer Wald, so weit man schauen konnte. Kurzerhand zog Mutti ihm Schneehosen, Schuhe und Strumpfhosen aus und hielt seine „Eisbeine“ an ihren nackten Bauch - was tut man nicht alles für das Wohl der Kinder! Langsam taute Hans auf, und es kam wieder Leben in seine Füße. Hans hat daraus gelernt – und ist fortan marschiert!

Auch Sommerurlaub war jedes Jahr angesagt.
Einmal waren die Jungs mit den Eltern auf dem „Hexentanzplatz“ bei Thale im Harz. Alle warteten auf die Seilbahn, weil es wieder nach unten gehen sollte. Hans (vier Jahre alt) saß auf einer Bordsteinkante des Gehweges und beobachtete die Leute. Plötzlich sah er, wie ein Raucher seine angefangene Zigarette nicht weit von ihm auf den Boden warf.
„Da kann man ja mal probieren, was denn eigentlich gut schmeckt an so einem Ding“, dachte er wohl – und schwupps, hatte er die Zigarette im Mund, aber nicht mit der Aufmerksamkeit seiner Mutter gerechnet. Sie beobachtete ihn schon die ganze Zeit, und schritt schnell ein. Ein paar Belehrungen musste sich Hans dann noch anhören. Sie haben gewirkt; er blieb bisher konsequenter Nichtraucher, und fängt mit diesem teuer-krankmachendem Unsinn hoffentlich auch nicht mehr an.
Während eines Urlaubes auf einem Zeltplatz hat es Hans einmal besonders toll erwischt: Im Bungalow gab es nur Doppelstockbetten. Hans schlief oben. Eines Nachts gab es einen fürchterlichen Knall, und jemand schrie. Sofort waren alle wach, und als das Licht anging, sahen sie die Bescherung: Hans war aus dem Bett gefallen, hatte sich den Kopf gestoßen, und dieser schwoll immer mehr an. Sofort ist Papa mit ihm zum nächstgelegenen Krankenhaus gefahren, und dort wurde er untersucht. In der Folge gab es großes Aufatmen – Hans ist nichts Bleibendes passiert, nur seine etwas kurios verschobene Kopfform blieb noch einige Zeit erhalten. Schaut ihn Euch mal genau an – ist noch etwas zu sehen?
Viele Sommerurlaube hat die ganze Familie auch an der Ostsee verbracht – meist auf Usedom. Die Jungs konnten sich am Strand ähnlich austoben wie daheim im Wald: Es wurden Sandburgen oder Murmelbahnen gebaut, man buddelte sich gegenseitig ein, tobte im Wasser auf Luftmatratze oder Traktorreifen umher, übte mit Papa Handstand-Laufen nach Zeit oder Entfernung ...

In den Herbstferien ging es meist zum Wandern. Oft gab es da Ausflüge in die Sächsische Schweiz, denn Oma und Opa wohnten ja in Dresden
- da bot sich das an. Klettern auf Felsen und Versteckspielen in Höhlen hat Hans und Jörg hier besonderen Spaß gemacht.

Im Sommer 1987 kam Hans in die Schule nach Prieros. Stolz umklammerte er seine Zuckertüte, die fast so groß war wie er selbst war.
Vorher - im Februar 1987 - hatte sich die Forsthausmannschaft vergrößerte; Schwesterchen Maria ward geboren. Jetzt hieß es Rücksicht nehmen: man musste leiser sein, was natürlich nicht immer gelang.
Oft lag Maria im Kinderwagen, und dieser stand im Garten. Einmal muss sie hier wohl sehr geschrieen haben, sodass Hans auf die Idee kam, mit seiner Schwester unbemerkt eine Runde durch den Wald zu drehen.
Er war ja schon groß und konnte immerhin knapp über den Lenker des Kinderwagens schauen. Auch wusste er aus eigenem Erleben: Schaukeln beruhigt! Während er noch unterwegs war, hatten die Eltern inzwischen den Verlust bemerkt. Wo anfangen zu suchen? Sie wollten soeben in zwei Richtungen ausschweifen, als Hans mit dem Kinderwagen zurückkam. Natürlich gab es erst mal eine Standpauke. Während Mutti ihn sich zur Brust nahm, bemerkte sie beim Erklären, dass mit dem Wagen etwas nicht stimmte: Irgendwie war die Decke schmutzig, und als Mutti sie anhob, war alles voller Kiefernnadeln. Nun wollte sie es aber wissen! Nach kurzem Zögern erzählte Hans die ganze Geschichte: dass eine Wurzel auf dem Weg besonders groß und hartnäckig war, und der Wagen einfach nicht drüber wollte, umkippte ... Alles, was sich in ihm befand, kullerte heraus. Die Schwester hat dabei nicht mal geweint – entweder sie fand es besonders toll, oder sie war geschockt - das haben wir nie von ihr erfahren. Maria (4 Monate alt) hat den Sturz jedenfalls unbeschadet überstanden, oder?

Mit zunehmendem Alter änderten sich natürlich auch die Ansprüche der Jungs. Ihr tollster Einfall war der Floß-Bau. Es gab insgesamt drei solcher hölzernen Wasserfahrzeuge. Aus Brettern und Balken zusammengenagelt, wurden sie durch den Papa mit dem Hänger zum nahen Frauensee transportiert und dort getestet.
Leider wurde Floß 1gleich vom Frauensee verschluckt. Also musste ein Neues her - man wusste ja jetzt, was man falsch gemacht hatte.
Typ 3 schließlich war eine exklusives „Wendeprodukt“ mit Zwischenlagen aus tragfähigem Schaumstoff sowie Segel, und kam im Frühsommer 1990 zur Einweihung. Daran nahmen auch Oma Radestock und die 90-jährige Tante Frieda aus Westberlin teil. Beide haben im auf dem Floß gestanden, wie alte Fotos beweisen, sich aber auf keine längere Fahrt eingelassen. Hans und sein Bruder jedoch querten mehrfach den Frauensee. Fiel mal einer ins Wasser, diente ein riesiger alter Treckerreifen als „Auffangstation“.

Da beide Jungs immer Bewegung brauchten, mussten sie sich für die kalte Jahreszeit auch etwas einfallen lassen – jedenfalls dann, wenn kein Schnee lag und „Mistwetter“ herrschte. Fernsehen war gottlob keine wirkliche Alternative.
Am liebsten wurde im Wohnzimmer mit Bausteinen gespielt.
Die Krönung dabei war: Türme aus Bauklötzern bis hoch zur Decke bauen und dann mit Einweckgummis oder Kinderarmbrust wieder zum Einsturz bringen. Aber auch sportlich ging es hier hoch her. Unter Anleitung von Papa (er war als Kind auf der Sportschule und kannte sich aus, was man ihm heute leider nicht mehr ansieht!) übten sie Handstand, Handstand-Überschlag, auf Händen zu laufen und mit Hilfe zweier Schaumstoff-Matten als Unterlage die Hechtrolle über Stühle hinweg. Außerdem diente oft das gesamte Haus (der Keller war schön gruselig!) zum Versteckspielen oder Haschen, was später auch ihrer kleinen Schwester Maria großen Spaß machte.

Hans’ Kindergeburtstage waren herrlich! Dass es Hochwinter war, tat der Sache keinen Abbruch. Er lud dazu außer den die Nachbarskindern Nicki und Yvonne auch die Freunde aus dem Dorf ein – meist hatte er um die 10 Gäste. Viele Spiele wie Verstecken, Topfschlagen, Murmeln, Raten … gab es da, aber auch manche Schatzsuche wurde von Papa organisiert. Mutti kümmerte sich um die Leckereien. Allen hat es immer sehr gefallen.

Papa brachte dann beiden Jungs Skat und Schach bei, was sie begeistert erlernten. Besonders das Schachspiel hat es Hans in der Folge angetan - mit Opa aus Dresden, Papa und Jörg fand er gute Schach-Partner. Inzwischen spielt er im Internet mit versierten Gegnern weltweit und hat sich auf Blitzschach spezialisiert. Der Nachteil: niemand aus der Familie traut sich mehr, gegen ihn anzutreten …

Auch sportlich ließ man sich Neues einfallen. Hans und Bruder (inzwischen 8 und 10 Jahre alt) hatten inzwischen Freude am Wasserspringen gewonnen – aus 1, 3, 5, 7 oder gar 10 m Höhe. Begeistert nahmen sie auch jede Gelegenheit zum Seil-Flug-Sprung in die umliegenden Gewässer wahr. Zwischen den Jungs wurden regelrechte Wetten abgeschlossen, wer am weitesten springt und fliegt.

In diesem Alter erlaubten ihnen die Eltern ihre erste Tour allein nach Berlin - dazu wurden vorweg einige Verhaltensregeln aufgestellt.
Hans und Jörg sollten abends mit dem vorletzten Bus nach Hause kommen. Sie erschienen aber weder mit diesem noch mit dem Letzten Um 20.30 Uhr war guter Rat teuer: Was war passiert? Warum haben sie nicht angerufen?
Die Eltern machten sich sofort mit dem Auto auf die Suche. Ihr erster Gedanke war: Bus verpasst - jetzt laufen sie.
Also wurde erst mal die ganze Strecke abgefahren, aber keiner war zu sehen. Dann die Rückfahrt: gleiches Ergebnis.
Inzwischen war es dunkel. Um 23.00 Uhr (sie wollten schon die Polizei einschalten) kamen beide Jungs, völlig erschöpft ins Forsthaus – glücklich nahmen die Eltern sie in die Arme. Sie hatten tatsächlich den Bus verpasst und sind gelaufen – aber durch den Wald! Beide fanden es ungefährlicher – kluge Entscheidung!

Zur Wende kam das Nintento-Spiel ins Forsthaus. Hans und Jörg hatten sich noch zu DDR-Zeiten mit Sammeln von Saateicheln bei der Forst Geld verdient. Dieses wurde nun in DM getauscht. Damit kaufte Hans sich das ersehnte Spiel. Dabei blieb es nicht, denn die cleveren japanischen Geschäftemacher ließen Folgen und Variationen folgen. Immer zu größeren Anlässen gab es nun den Wunsch, ein neues Spiel zu ergattern. Mit dem „Mario“ fing es an - begeistert wird es auch heute noch manchmal gespielt, um nach unzähligen Spielwelten den bösen Drachen zu versenken und die Prinzessin zu befreien.
Oft saßen im Winter bei uns im Forsthaus die Kinder auch aus dem Dorf dicht an dicht auf dem Teppich vor dieser faszinierenden Spiele-Welt;
man spielte gegen- oder miteinander. Später wurde auf „Sega“ umgestellt – für höhere Ansprüche.

Mit der Wende öffneten sich auch die Möglichkeiten, etwas weiter weg zu verreisen. So fuhr die ganze Familie mit Oma Radestock in einem geliehenen Kleinbus in die Alpen. Hoch im Gebirge wurde Rast gemacht und alles sprang aus dem Auto. War das eine Landschaft!
Hans und Jörg schlossen gleich wieder eine Wette ab: Wer kann mit nackten Füßen am längsten im Schnee stehen. Natürlich wollte keiner nachgeben, lange haben sie ausgehalten und sind von einem Bein aufs andere gehüpft. Wer letztendlich gewonnen hat, weiß keiner mehr, aber es war mutig von beiden. Hans hat es dann sogar noch geschafft, im eiskalten Gletscherwasser zu schwimmen – tolle Leistung!

Auch Maria war inzwischen herangewachsen und begann sich durchzusetzen – gegen zwei große Brüder anzukommen war nicht einfach. Besonders Hans ärgerte sie oft. Er brauchte nur ein bestimmtes Wort zu sagen, und Maria ging hoch wie eine Rakete und brüllte: „Ich hasse dich“!
Natürlich sollte Mutti alles schlichten, aber sie war ja oft nicht dabei. Sie hat daher Maria meist nur beruhigt und dem Hans gesagt, er solle sie in Ruhe lassen. Aber das reichte Maria nicht - sie war sauer auf Mutti: „Du bist immer für Hans“, warf sie ihr an den Kopf.
Mutti jedoch hatte natürlich alle drei lieb und wollte einfach nur, dass sie sich vertragen, denn zwischen den beiden Brüdern gab es fast nie Streit.
Mit zunehmendem Alter veränderte sich jedoch das Verhältnis zwischen Hans und Maria. Beide saßen oft freundschaftlich umschlungen beim Fernsehen – ein Bild für die Götter, wenn man bedenkt, wie es vorher war.

1994: Hans hatte Jugendweihe. Zur Belustigung aller Gäste bekam er von Opa Pollack seine erste Rasur im Garten - wenn man es so nennen will, denn ein Bart war ja noch nicht vorhanden. Aber damit wurde er nun in den Kreis der Erwachsenen aufgenommen.
Anschließend ging es auf zur Baumpflanzung, denn das hatten die Eltern zur Tradition ihrer Kinder gemacht. Hans pflanzte im Lehrgarten des Haus des Waldes den damaligen Baum des Jahres – eine Eibe.

Sportlich hat sich Hans zeitweise dem Judo verschrieben. Leider ging das nicht lange, weil es von der Zeit und den Fahrtmöglichkeiten her schwierig war. Dafür haben die Brüder ihre Kräfte oft im Armdrücken gemessen - auch Papa musste mit ran. Das wird ab und zu auch heute noch erprobt, wie einige Fotos beweisen. Gewonnen haben sie abwechselnd, es war jeweils ein gewisser Ausgleich zu verzeichnen.
Hans hat sich später im Garten einen Sandsack aufgehängt, um dort zu trainieren und seinen Frust abzubauen. Auch Hanteln dienten ihm zur Stärkung der Muskeln – ein gewisser Schwarzenegger war eine ganze Weile für ihn so etwas wie ein Vorbild. Sein breites Kreuz hat er jedenfalls heute noch.
In den letzten Jahren hat Hans dann mehr auf das Bogenschießen und Pfeilschießen im Garten gesetzt – was kommt als Nächstes?

Jörg hatte mit 16 Jahren, um besser aus dem Wald in die Zivilisation zu kommen, von Papa ein Moped bekommen. Hans wollte natürlich auch fahren, war aber noch nicht alt genug. Deshalb reparierte er sich eine alte „Simson“ und fuhr mit seinem Kumpel Gunther zum Leidwesen von einigen Anwohnern im Wald herum. Einmal hat ihnen jemand einen dünnes Drahtseil über den Weg gespannt, und es ist wohl nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass nichts Schlimmes dabei passiert ist. Selbst eine Verfolgungsjagd mit der Polizei sollen sich die beiden geliefert haben. Dazu sind sie flüchtend vor der Polizei nicht zugängliche Wege gefahren und letztendlich wurden die Fahrzeuge unter Kiefernzweigen versteckt. Sie hätten sie fast selbst nicht wiedergefunden. Das alles haben die Eltern allerdings erst viel, viel später erfahren …
Aber Papa war ja auch nicht ohne: Er hat die Jungs ans Auto-Steuer gelassen; im Wald durften Hans und Jörg fahren üben. Papa saß erst drunter und dann daneben. Das hat ihnen natürlich riesigen Spaß gemacht und beim späteren Umgang um so einem Gefährt sicher geholfen.

Was Hans schon immer gern machen wollte: Übernachten am Strand der Ostsee - im Freien unterm Sternenhimmel!
Also wurde ein Wochenende ausgeguckt und Papa, Mutti, Hans (damals 14 Jahre) sowie Maria packten alles Nötige ein. Falls das Wetter nicht so wollte, wie es sollte, wurden auch 2 Zelte mitgenommen. Der Fahrttag war wunderbar sonnig, was dann am Strand mit Baden und Toben voll ausgenutzt wurde. Leider aber zogen am Abend Wolken auf, und als Papa eben ein Lagerfeuer entzünden wollte, kamen die ersten Regentropfen geplatscht. Schnell wurde alles zusammengepackt und zum Auto gerannt. Kurz darauf ging ein kräftiges Gewitter los und wollte nicht mehr aufhören. Die Strandübernachtung war im Eimer!
Da es schon ziemlich spät für eine Heimfahrt war, suchten die Eltern einen Zeltplatz auf, der allerdings schon geschlossen hatte.
Man erlaubte den Radestocks dennoch, die Zelte auf dem Parkplatz neben mehreren Wohnmobilen aufzustellen. Einfach war das nicht, denn es regnete noch immer, und war stockdunkel. Zum Glück erleuchteten hilfsbereite Camper das Aufbau-Chaos. Was mögen die sich wohl gedacht haben? Endlich konnte man sich schlafen legen. Leider war das Zelt von Hans nicht dicht und er hatte keine gute Nacht. Morgens haben die Eltern das Zelt zum Einsturz gebracht, weil Hans nicht aufstehen wollte. Als das nicht half, zogen sie ihn samt Matratze aus dem Zeltchaos, um alles einzupacken. Hans schlief ungerührt einfach im Freien weiter.

Seinen 10-Klassen-Abschluss hat Hans dann auf der Gesamtschule Friedersdorf mit „gut“ bestanden.

Inzwischen durfte Hans auch offiziell Moped fahren. Er strich die alte Schwalbe der Eltern silbern an, baute sie auseinander und wieder zusammen und reparierte viel selbst. Für solche Dinge hatte er Interesse: Sein Praktikum während der Schulzeit absolvierte er in Königs Wusterhausen bei einer Mopedwerkstatt – von daher rührten sicher auch seine Kenntnisse dafür.
Das Moped wurde Hans dann leider während einer Autofahrstunde auf dem Parkplatz gestohlen - wir haben es nie wieder gesehen.
Dafür konnte er nun aber Auto fahren und bekam an seinem 18. Geburtstag den Toyota seiner Eltern zur Nutzung, denn die kauften sich einen anderen, größeren Wagen.
Vor ein paar Wochen hat er sich übrigens für einen kleinen roten „Straßenhüpfer“ entschieden, denn seinem Toyota drohten größere Reparaturkosten …

Mit der Schwalbe konnte Hans dann auch seine Lehrstelle erreichen, denn mit öffentlichen Verkehrsmitteln war kein gutes Fortkommen.
Er lernte mit gutem Abschluss beim Garten- und Landschaftsbau in Zeesen, weil: Natur sollte es schon sein!

Gleich nach seiner Lehrzeit machte Papa mit ihm allein eine Reise nach Kroatien. Dort haben sie einiges erlebt - Mutti war froh, nicht dabei gewesen zu sein. Zum Beispiel ist Hans einen 10 Meter hohen Wasserfall hinuntergesprungen, eine abgelegene große Höhle wurde erforscht … Das Spannendste war wohl eine Bootsfahrt aufs Meer hinaus, als plötzlich ein Unwetter aufkam. Mit Müh und Not erreichten sie wieder das Land, denn sie mussten sich durch einen hohen Wellengang kämpfen.

Wieder zu Hause, stand dem Hans die Armeezeit bevor. Allerdings entschied er sich wie sein Bruder Jörg für den Zivildienst. Er absolvierte ihn in der Fontaneklinik Motzen. Seine Aufgaben dort waren teils gärtnerischer Art, teils übernahm er die Aufsicht in der dortigen Schwimmhalle und half den Patienten beim kreativen Gestalten.
Noch als Zivi lernte er dann Angelika aus Berlin kennen. Beide verliebten sich ineinander, was aber zu einer festen Beziehung nicht reichte. Sie sind allerdings gute Freunde geblieben.
Später trat Steffi aus Zernsdorf in sein Leben – auch hier bleib „nur“ eine Freundschaft.
Im Umgang mit Steffis kleiner Nichte Sarah, die oft mit zu Besuch kam, zeigte Hans der ganzen Familie aber bei dieser Gelegenheit auch, was für ein guter Papa er sein könnte, wenn er denn wollte.

Mit Hilfe von Angelika hat er damals in Berlin-Moabit seine erste Wohnung bezogen, in der er sich recht wohl fühlte.
Derzeit richtet er sich, um seiner Praktikumsstelle (und auch der Familie) näher zu sein, im Neubaugebiet von Königs Wusterhausen mit viel Geschmack und Stil ein neues „Nest“ ein. Diesmal ist sogar ein Balkon vorhanden.
Sein besonderer Stolz ist das schöne Laminat auf allen 35 Quadratmetern. Die Verlegung war nicht einfach, aber er hat es gut hinbekommen. Weil: er hatte ja schon immer gute, mit Buden-, Floß- oder Regalbau lange trainierte handwerkliche Fähigkeiten.
Die Zimmermalereien wurden mit viel Mut zur Farbe ausgeführt, und Fotopräsentationen werden das Ganze bald noch schöner machen.
Die ganze Familie hilft dabei mit Rat und Tat, und hat Freude am Aussuchen und Gestalten, Pinseln, Schrauben, Hämmern, Einräumen ... Alle wissen auch: Was lange dauert, wird gut!

Hans ist - wie auch seine Geschwister - sehr tierlieb. Denn: er wuchs im Forsthaus gleichsam mit Tieren auf. Es wurden Meerschweinchen und Kaninchen, Katzen, Papageien, Wellensichtige, Mäuse, Hamster … gehalten. Hinzu kamen die von den Waldhaus-Besuchern abgegebenen pflegebedürftigen Wildtiere, mit denen er in Kontakt kam: Wildschweine, Rehe, Eichhörnchen, Meisen, Krähen … Seine besonderen Kumpel waren dabei junge Eichelhäher, die immer Felix hießen.
Die Kaninchen und Meerschweine der Familie lebten viele Jahre in einem Freigehege vor dem Haus. Dort gruben sie ihre Baue nach Herzenslust. Sie schafften es dabei manchmal auch, sich in die Freiheit zu buddeln, wo sie dann mit viel Aufregung wieder eingefangen werden mussten. Die Löcher waren jedenfalls sehr tief, und der Hans hat es einige Male fertig gebracht, selbst darin zu verschwinden – schlank wie er immer war.
Seine derzeitigen tierischen Favoriten sind die Degus. Die ersten Nager dieser Art lebten, als sie sonst noch kein Mensch kannte, schon seit 1988 bei den Radestocks, und wurden seitdem von allen drei Geschwistern betreut: teils im Außengehege, teils im Kellerkäfig.
Nun kümmert sich meist der Hans darum, und es ist wunderschön zu sehen, wie liebevoll er mit ihnen umgeht. Besonders der Degu-Papa mit der verletzten Pfote hat es im angetan.

Seit zwei Jahren betreut Hans seine Oma in Neue Mühle aufopferungsvoll - Einkaufen gehen, helfen beim Gärtnern im kleinen Blumenbeet, am PC betreuen, bei Spaziergängen begleiten, zu Bett bringen …

Hans ist ein guter Koch – es gelingt ihm jedes Essen. Seine Spezialität jedoch sind Chili con Carne oder Aufläufe nach indischer Art.

Die Familie hofft und wünscht sich nun, dass er - ist die neue Wohnung erst mal eingerichtet - solche und andere wunderbaren häuslichen Vorzüge auch bei einer neuen Freundin unter Beweis stellen und damit selbst seine eigene kleine Familie mit drei Kindern gründen kann.
Das gäbe dann nicht nur seinen Eltern die ersehnten Enkel, sondern vor allem seinem Leben einen weiteren großartigen Impuls und Sinn.



Dass unser - gar nicht mehr ganz so ganz junger - Adler nun endlich ins Leben herausfliegt und wieder der tollkühne Hans-Dampf-in-allen- Gassen wird, der er in seiner Kindheit war, wünscht Dir, lieber Hans,
Deine Familie, die dich sehr gern hat.

Lydia und Beate Radestock, im Januar 2010

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