Ostern im Wandel
Nicht nur das Wetter ändert sich derzeit mit dem Klimawandel - auch die
verschiedenen Bräuche der Menschen wechseln im Laufe der Zeit. Ich habe mir
das kürzlich mal am Beispiel des Osterfestes überdacht.
Zunächst schaute ich dazu in Lexikon:
Über die Herkunft des Begriffes „Ostern" wird offensichtlich immer noch
gestritten. Einige sind der Meinung, Ostern ließe sich auf den
althochdeutschen Namen eines Frühlingsfestes „ostarum“ zurückführen, andere
wiederum theoretisieren den Bezug zur germanischen Frühlingsgöttin Ostara.
Oft wird der Ursprung des Wortes Ostern auch in dem Wort „Ost" vermutet,
weil in dieser Richtung im Frühling die Sonne aufgeht.
Ostern ist auf jeden Fall eines der ältesten christlichen Feste. Die
christlichen Kirchen feiern mit dem Osterfest die Auferstehung Jesu, nachdem
er am Karfreitag den Tod am Kreuze erlitt.
Das christliche Osterfest wird von dem viel älteren jüdischen „Passahfest"
abgeleitet, welches am ersten Frühlingsvollmond zur Erinnerung an die
Befreiung des Volkes Israel aus der Knechtschaft der Ägypter gefeiert wird.
Es war dies wohl einst ein Hirtenfest, an dem ein Lamm geschlachtet wurde.
Hierauf lässt sich auch der Begriff „Osterlamm" zurückführen
In der Folge 51 „Meister Lampe“ der Schriftenreihe „Waldbote“ meines Sohnes
Klaus wird einmal der Gedankenverbindung Ostern - Hase - Eier nachgespürt;
sie ist jüngeren Datums. Hier heißt es dazu:
„Der Hase, ein bekanntes Fruchtbarkeitssymbol, galt unseren Vorfahren einst
als fackeltragender Begleiter der germanischen Licht- und Frühlingsgöttin
Ostera, nach der dann im Gefolge der Christianisierung das Fest anlässlich
der Auferstehung Jesu genannt wurde.
Im frühen Mittelalter erscheint Christus in der Tiersymbolik des alten
Byzanz auch als Hase; das dem Langohr unterstellte Schlafen mit offenen
Augen brachte man in der Folgezeit ebenfalls mit dem Thema „Auferstehung“ in
Verbindung.
Die Eier kamen mit ins Spiel, weil sie (wie auch erlegte Hasen) häufig als
Osterzins, also Naturalabgabe an weltliche oder geistliche Herren, dienten.
Von dem sich in der vorösterlichen Fastenzeit aufgestauten Eierüberschuss
machten die Leute aber auch noch auf andere Weise Gebrauch: Die Eier wurden
verziert, beim Oster-Gottesdienst geweiht und an die Kinder verschenkt.
Als man dann nach der Reformation im 16. Jahrhundert eine neue, weltliche
Erklärung suchte, die man den Kleinen für den plötzlichen bunten Eiersegen
geben konnte, ward die Mär vom hoppelnden Eier-Erzeuger und -Boten geboren.
Die „zoologische Sensation“ vom eierlegenden Osterhasen wurde dann erstmals
in der Dissertation eines Herrn FRANCUS aus Heidelberg erwähnt. 1758 hat ein
Förster im Elsass sogar ein amtliches Protokoll über einen eierlegenden
Hasen gefertigt.“
Damit dürfte also behördlich feststehen: Osterhasen legen Eier, bemalen und
verstecken sie für uns Menschen!
Zu meiner Jugendzeit in den zwanziger und dreißiger Jahren des vorigen
Jahrhunderts begannen die Ostervorbereitungen im Sudetenland schon bald nach
Weihnachten: Da säten wir Kinder uns in einem flachen Kistchen eine Kornsaat
ein. Die wässerten wir fleißig, damit das Getreide bis Ostern 12 bis 15
Zentimeter hoch wachsen konnte. Das war eine tolle Vorfreude in kalter und
dunkler Jahreszeit ...
Am Grün Donnerstag stand dann für uns mitten im selbst geschaffenen Grün ein
Keramikhase mit einem Buckelkorb voller kleiner bunter Zuckereier auf dem
Rücken. Darum herum waren noch einige größere Schokoladeneier gruppiert.
Dazu gab es noch in einer Schüssel einige buntgefärbte Hühnereier zum
gemeinsamen „Eierpieken“ mit den anderen Kindern des Dorfes sowie Gebäcke:
ein kleines mit Zucker überpudertes Osterlamm und ein Osterbrot mit Rosinen.
In der Notzeit nach dem zweitem Weltkrieg war es mit alldem zunächst für
einige Jahre vorbei - nur die Landkinder, deren Eltern Hühner hatten,
konnten den alten Brauch weiterführen. Dazu gehörten wir Heimatvertriebenen
leider nicht.
Bei den Sorben und Wenden im Spreewald (und anderswo) hat sich die Tradition
mit den bemalen und färben der Ostereiern bis heute erhalten. Es entstehen
hier - mit verschiedenartigen Techniken - richtige Kunstwerke. Bei unserem
Ostersamstag-Ausflug ins Spreewald-Museumsdorf Lehde bei Lübbenau konnten
wir all dies vor ein paar Tagen bewundern.
Ich weiß auch von Familien, die zum „Ostereier-Trudeln“ am Sandhügel gehen,
habe das aber selbst noch nicht mit erlebt.
Vielerorts scheinen die alten Osterbräuche heute aber leider ein wenig zu
entgleisen. Der arme Osterhase ...!
Riesige Schokoladen-Hasen (nicht verkaufte Weihnachtsmänner, neu verpackt?)
und große bunte Papp- oder Plasteier liegen schon ab Januar in den Läden,
teure Parfüm – Schmuck – Dessous-Geschenke werden in der Werbung empfohlen.
Und natürlich spielt auch das „Osterwasser“ fast überall eine wachsende
Rolle – Gelegenheit zum Saufen gibt es bekanntlich immer, und warum nicht
auch und besonders beim oder nach dem Osterfeuer?! Da wollen dann auch die
jugendlichen „Flatrate-Fans“ (zu deutsch: Sauf-Pauschalen-Anhänger) nicht
zurückstehen.
Fast scheint mir: Je größer, bunter und glitzernder die Geschenke und
Pakete, umso kleiner der Verstand, die Herzenswärme, Güte und Nächstenliebe,
der Seelenfrieden ... – nicht nur zu Ostern.
Und auf der anderen Seite der Welt gibt es für die Menschen oft nicht mal
genug zu essen!
Dass das Osterfest einen germanisch – jüdisch – christlichen Ursprung hat,
wissen wohl auch nur noch einige Menschen, denen das geschichtliche oder
Denken in Generationen noch nicht ganz abhanden gekommen ist.
Manchmal ist mir, als zählt nur noch das Jetzt, Hier und Heute, Reich – aber
gleich, Spass – aber schnell ... Geht es eigentlich nur noch um Geld und den
Profit in der Welt? Wird der Kommerz gegen den Osterhasen siegen, oder
kommen die Menschen wieder zu sich?
Im Jahr 2008 wäre übrigens auch in unserer Familie die übliche Eier-Sucherei
im Forsthausgarten wetterbedingt fast ausgefallen: Es lag am Sonntag und
Montag früh morgens eine dünne Schneedecke, und beim Familien
Osterspaziergang zum Frauensee haben wir etwas gefroren. Aber dann kam die
Sonne heraus, und alle strahlten vor Freude (s. Foto unten).
Es gibt immer eine Hoffnung!
Lydia Radestock, im März 2008
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