Ein Winterabend für meinen Sohn Klaus

Draußen fängt es schon an zu schnei`n,
da bist Du endlich abends mal wieder daheim.

Zuerst die kalten Schuhe weit fort,
die Pantoffel stehen schon in der Ecke dort.

Ein heißer Grog wäre jetzt ganz schön,
aber erst willst Du mal in die Wanne geh´n.

Dann noch schnell einen Imbiss gegessen
bist Du auch schon auf dem Sofa gesessen.

Machst erst mal den Fernseher an,
denn es läuft der Film mit dem wilden Mann,

Gleich beginnt eine Familienstreiterei:
„Papa, unser Film kommt aber Kanal zwei!“

Fünf gegen einen – es ist Dir zu viel,
denn ein schöner Abend steht auf dem Spiel.

Also drückst Dich in einen Sofawinkel
und beginnst ein dickes Buch über Schinkel.

Zwischendurch isst Du pausenlos Nüsse,
schon von Kindheit an deine höchsten Genüsse.

Raschelst dabei mit den Schalen hin und her,
die Familie schimpft: „Nichts versteht man mehr!“

Denn kommt des tollen Krimis höchster Kick,
geht´s in Deiner Ecke: Raschel, knack und knick.

Besonders die Oma macht lange Ohren,
ihr Gehör hat seine Wirkung etwas schon verloren.

Gleich wird sowieso wieder Reklame sein,
sollen sie doch dann durcheinander schrei´n!

Klaus, stell Dich mal mit der Marke um,
beiß auf etwas mit lautlosen Schalen herum.

Sonnenblumenkerne, sie schmecken auch
und Du hast davon sogar „Sonnenschein" im Bauch.

Die bekommst du leiser in den Mund hinein;
lern’ von Russland – da sollen sie in Mode sein!

Besser noch: Wirf endlich die Glotze raus,
dann hast Du wieder Ruhe und Frieden im Haus!


Lydia Radestock, Adventszeit 1996
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