Das Gasthaus zur Krone

An der Praskowitzer Hauptstraße, im oberen Ortsteil, befand sich das Gasthaus zur Krone. Besitzer bis zur Vertreibung 1945 war Josef Ullrich. Er hatte das Anwesen von Familie Tschernay aus Prakowitz erworben und widmete sich seitdem vorwiegend der Bedienung der Gäste. Seine Frau und das Hauspersonal waren für das Essen der Familie und der Gäste zuständig. Ein unermüdlich schaffender Hausgeist in Wirtschaft und Küche war auch die Amalie, Frau Ullrichs Schwester, genannt die alte Ullrichin. Sohn Rudolf samt seiner Frau Elfriede und dem Gesinde widmeten sich dagegen meist der zum Anwesen gehörenden Landwirtschaft einschließlich der Obstbäume.

Im Wirtshaus gab es neben der Theke (mit Ausschank von Bier vom Fass, das aus einem mit Eis gekühltem Keller hochgepumpt wurde) einen Stammtisch, wo die Bauern bei Bier regelmäßig über verschiedene Anlässe im Dorfe diskutierten oder Versammlungen abhielten.
Daneben war ein großer Saal mit hohen Fenstern, in dem viele Veranstaltungen wie Turnen (Matten, Keulen, Ringe, Bälle, Seile dafür waren in einem kleinem Kabinett vorhanden), Theateraufführungen, Tanzveranstaltungen, Bälle ... durchgeführt wurden.
Für die Musiker gab es eine kleine hölzerne Empore, auf der sie bei Bedarf zum Tanz aufspielten. Darunter stand das Klavier. Neben dem Klavier war eine Bank, auf der bei Tanzveranstaltungen die älteren Frauen saßen und das Geschehen im Saal beobachteten: Wer tanzte mit wem wie oft? - und natürlich wurden auch die Kleider bestaunt. Da hatte man dann für die ganze Woche Gesprächsstoff im Dorfe; das war wichtig, denn das Fernsehen gab es ja noch nicht.
An den anderen Wänden ringsherum saßen, wie es auf den Dörfern üblich war, auf langen Bänken die Mädchen und warteten, bis sie zum Tanzen aufgefordert wurden. Die jungen Burschen standen meistens beim Klavier oder an der Theke herum. Beim ersten Takt der Musik liefen sie los, um sich eine Tänzerin von der Bank zu holen. Oftmals zwinkerten sie ihrer Liebsten schon heimlich zu, die dann dem anderen Bewerber einen Korb - sinnbildlich für eine Ablehnung - gab. Die älteren Männer standen an der Theke oder saßen an den Tischen daneben. Zwischendurch holten sie auch mal ihre eigene Frau zum Tanz.

Neben dem Saal war noch ein Raum mit einem großen, mit grünem Tuch bespannten Billardtisch. Der hatte an jeder Seite ein Loch, und man schob auf ihm mit langen Stangen Kugeln hin und her. Von dort führte eine Tür in den Garten zur Kegelbahn. An der Vorderseite beim Haupteingang hatte die "Krone" auf dem Hof an der Hauptstraße noch einen mit Kastanien bepflanzten und teilweise überdachten Vorgarten, wo Tische und Stühle standen und man im Sommer Bier oder Kaffee trinken konnte. Dahinter begannen die landwirtschaftlichen Gebäude und der dazu gehörige Hof. Über dem Saal, welcher extra an das Wohnhaus angebaut war, befand sich eine Figur als Symbol des Hauses - eine kleine golden angestrichene Gipskrone.

Im Gasthaus zur Krone wurde der Wirtshausbetrieb auch nach unserer Vertreibung durch den neuem tschechischem Wirt fortgeführt. Es war für mich schon ein eigenartiges Gefühl, nach vielen Jahren beim ersten Besuch in der ehemaligen Heimat wieder im großen Saal der `KroneA stehen zu können - die Erinnerungen an manch schönes Fest, lustige Tanzabende und anstrengende Turnübungen waren sofort wieder da ...

Lydia Radestock, im Februar 2003

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