Geschlechter-Trennung

In meiner alten Heimat im Sudetenland wurden in den 30er und 40er Jahren für Mädchen und Jungs fast immer getrennte Veranstaltungen durchgeführt.
Ich erinnere mich: Jede Woche gab es für uns Mädchen einen Turnabend im Saal der „Krone“; auch abwechslungsreiche Heimabende und Wanderungen wurden geboten. In Praskowitz leitete die Klausnitzer-Herta unsere Mädchen Gruppe; mit ihr haben wir viele schöne Stunden, manche Wanderung und sogar Filmvorstellungen in Lobositz erlebt.

Ab und zu kamen die Lichtowitzer Mädels zu unseren Heimabenden nach Praskowitz, oder wir gingen in den Nachbarort Lichtowitz. Hier war die Zaben-Herta Leiterin, und ihre jüngere Schwester Hilde war auch immer mit dabei. In Lichtowitz hielten wir uns deshalb zu diesen Abenden oft beim Bauern Zabe auf. Manche Koch- und Backversuche wurden in seiner großen Küche veranstaltet. Dabei ging es sehr lustig zu. Vater und Mutter Zabe waren uns immer behilflich, denn sie stellten ihren Küchenherd und oftmals auch die Backzutaten zur Verfügung.
Besonders geheimnisvoll waren natürlich abends die Heimwege. Unsere Dorfjungs holten uns meistens in Lichtowitz ab. Manchmal schockten und ärgerten sie uns auch unterwegs.

Schön waren auch die Wintersonnenwenden in Lichtowitz. Jedes Mädel hatte eine kleine Kerze mitgebracht; Plätzchen hatten wir uns vorher gemeinsam bei Zabens gebacken. Mutter Zabe brachte eine große Kanne Tee. Als der Krieg begann, haben wir an solchen Abenden für die Frontsoldaten des Dorfes Wintersocken gestrickt und jedem ein Päckchen geschickt.

Ein gemeinsamer Mädchen-Jungen-Anlass fällt mir aber doch ein: An lauen Frühlings- und Sommerabenden tanzten wir zu verschiedenen verschiedenen Anlässen mit den Jungen unseres Ortes Reigen auf dem Dorfplatz.

Lydia Radestock, im April 1998
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