Schlittschuh-Romantik an Heyßlers Teich

Für uns Praskowitzer Kinder war es im Winter eine besondere Freude, auf dem zugefrorenem Teich am Nordrand des Dorfes zu schlittern oder Schlittschuh zu laufen.

Als ich in das entsprechende Alter kam, hätte ich es allzu gern auch mal versucht - es sah schön und doch so leicht aus, wenn die anderen Kinder über das Eis glitten.
Meine Freundin, die Pappisch-Traudel, war mir hier voraus – sie konnte mit ihrem Bruder, dem Oberlehr-Emil und vielen anderen Jungs und Mädchen wunderbar eislaufen.

Endlich bekam auch ich zu Weihnachten Schlittschuhe geschenkt!
Ich dachte anfangs, als ich mit meinen neuen Schlittschuhen zum Teich kam, dass auch ich gleich losgleiten könnte. Stattdessen saß ich zunächst dauernd auf dem Hintern, bis mich Traudel und Emil in die Mitte nahmen. Als sie mich aber nach einigen Runden los ließen, fiel ich wieder hin. Doch ich versuchte es immer aufs Neue, und es dauerte nicht lange, da konnte ich mit den anderen Kindern über das Eis des Teiches sausen. Nun brauchten sie nicht mehr über mich zu spotten.

Ein paar Jahre später - ich zählte nun zur Dorfjugend - wurde es auf dem Eis sogar romantisch, besonders abends bei Mondschein. Dann wurden die Teich-Runden Hand in Hand gedreht und dabei natürlich auch geschmust.

Leider wurde das Eis des Teiches von den Gastwirten des Ortes ständig für ihre Bierkeller benötigt und abgeholt. Man konnte dann eine Weile nicht Schlittschuhlaufen. Es dauerte immer einige Tage, ehe das Eis gefahrlos wieder zu betreten war. Versuchten es trotzdem einige schon voreilig, brachen sie ein.
Hatte das Eis aber wieder eine gewisse Stärke, wurde es erneut von den Wirten „geerntet“:
Unser Schlittschuhglück war also nicht ungetrübt und zeitlich sehr eingeschänkt ...

Um das auszugleichen, sind unsere Dorf-Jungs im Frühling, wenn es anfing zu tauen, gern mit ihren Schlitten über das tauende Bugeis gefahren. Mein Bruder versank dabei mit seinem Rodel einmal fast völlig unter dem Eis im Wasser. Zum Glück standen einige Männer am Ufer des Teiches und zogen ihn heraus.

Weil den Kindern fortlaufend das Eis genommen wurde und nach der „Eisernte“ immer wieder mal einige im Teich einbrachen und fast ertrunken wären, versuchten manche von uns den Schlittschuhlauf sogar auf der Elbe. Aber dort gab es keine genügend spiegelglatte Fläche - außerdem war es hier noch viel gefährlicher, in ein Eisloch zu geraten. Ein Junge, der Quaschnitzka Fritz, ist - 11 Jahre alt - auf diese Weise ertrunken und wurde erst im Frühling an einer Weide hängend tot aufgefunden.

Später hat der Gemeinderat eine andere Lösung geschaffen: Im neuangelegtem Park an der Elbe unterhalb Pauls Villa wurde ein großer Eisplatz für die Kinder angelegt. Dort konnte man nun ohne Gefahr einzubrechen den ganzen Winter über schlittern oder Schlittschuh laufen. Ganz elegant glitten hier besonders die Klausnitzer Herta mit dem Oberlehr Emil und dem Pappisch Rudi über den großen Platz. Sogar von Libochowan kamen im Winter Kinder über das Elbe-Eis herüber, um bei uns Schlittschuh zu laufen!

Was gäbe ich dafür, heute noch einmal mit Schlittschuhen an der Füßen wie schwerelos über das Eis meines Heimtorts gleiten zu können ...

Lydia Radestock, im Mai 1999

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