Sylvester daheim im Elbetal

Auch in meiner alten Heimat gab es Sylvester-Bräuche. Es waren andere als heute; deshalb will ich einmal darüber schreiben:

Am Nachmittags des 31.12. ging die Gemeinde zur Kirche, wo im Verlauf einer Messe gemeinsam mit Pfarrer und Kirchenchor das vergangene Jahr verabschiedet wurde. Es erklang feierlich das von Orgeltönen begleitete Lied „Schon wieder ist ein Jahr vergangen ...“.

Daheim gab es (wie ein paar Tage vorher am Heiligen Abend) bei Kerzenschein Fisch und Kartoffelsalat. Dann wurde oft Blei gegossen oder Apfel geschält – beim Apfelpellen musste die Schale in einem Stück abgeschält werden und durfte nicht reißen.

Als ich dann schon älter war und die Schule verlassen hatte, haben wir (oft mehrere Freundinnen gemeinsam, das machte doch mehr Spaß!) auch kleine Mehlknödel gekocht, die u.a. den auf einen Zettel geschriebenen Namen des heimlichen Freundes enthielten – wichtig war, dass dieser Kloß oben schwamm.
Es wurde Pantoffelwerfen bei geöffneter Stubentür geübt.
Wir sind zum Hühnerstall gegangen und haben angeklopft und gelauscht: Wer gackert zuerst - die Henne oder der Hahn („Ist´s der Hahn, findest Du im Jahr einen Mann!“).
Es gab auch „Holzscheite“ ziehen am Holzhaufen. Zieht man ein gerades oder ein krummes?

Um 24.00 Uhr wurde auf dem Hof draußen dem Klang der Kirchenglocken gelauscht und sich ein gutes neues Jahr gewünscht. Die heute so verbreitete Knallerei gab es noch nicht.

Am ersten Januar sind wir dann am Vormittag wieder in die Messe gegangen und haben einander unterwegs Glück im neuen Jahr gewünscht. Als Schulkinder gingen wir aus diesem Anlass auch zu Nachbarn und Bekannten gratulieren und bekamen dann meistens einige Heller oder Plätzchen.

Lydia Radestock, im Februar 1998

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