Weiße Bohnen

In meiner Heimat aßen wir früher sehr oft weiße Bohnen.

Diese Hülsenfrüchte wurden von unseren Vorfahren schon weit vor den Kartoffeln angebaut und, besonders von der Landbevölkerung, gern als Hauptmahlzeiten verzehrt.  

Die Bohnen sind in verschiedenen Formen in der ganzen Welt bekannt. Beim Anbau unterscheidet man die vielen Sorten und Formen danach, ob sie als Viehfutter oder für den Menschen bestimmt sind beziehungsweise buschförmig oder an Stangen kletternd wachsen, und bezeichnet sie entsprechend. Sie können auch, je nach Sorte, schon als unreife Buschbohnen für Eintopfessen oder Salate geerntet werden. Selbst Zierpflanzen gibt es unter den Bohnen: Die bekanntesten sind die kletternden Feuerbohnen – so genannt wegen ihrer feuerroten Blüten. 

Im Mai wurden bei uns die Saatbohnen auf dem Feld in die Erde gebracht, im September dann als reife Buschbohnen geerntet, zu Büscheln gebunden und an einer Leine unter dem Schuppendach zum Trocknen aufgehängt. Wenn die Bohnenschoten trocken waren, mussten sie ausgepellt werden. In meinem Vaterhaus waren das immer Beschäftigungen für den Großvater und die Großmutter; aber auch wir Kinder, mein Bruder und ich, waren öfter beim Auspellen der Bohnen dabei. Es war das ja eine stachlige Arbeit, mit dem trockenen Bohnenstroh umzugehen. Oftmals wurden die Bohnen aber auch damals schon mit einer Maschine ausgedroschen und dabei durch Aussieben von Stroh und Schalen befreit. 

Die Ernte reichte immer für ein ganzes Jahr. So eine Bohnenmahlzeit in den Wintermonaten war ein sättigendes Mittagessen, und die Hausfrau hatte nicht viel Arbeit damit. Am Abend vorher wurden die Bohnen eingeweicht und am nächsten Tag weich gekocht. Es waren auch abwechslungsreiche Zugaben-Rezepte bekannt - meistens gab es, vom Hausschweineschlachten her, "Rauchfleisch" - immer mal mit einer anderen Beilage wie Sauerkraut, Tomatensoße, Gewürzgurken ... 

Nach solch einer Bohnenmahlzeit es rumort es bekanntlich gar oft im Bauch herum. Bei uns hieß es dann: Jedes Böhnchen gibt ein Tönchen. So heißt dieser Vers denn wohl auch noch heute. Und noch einen weiteren „Bohnen-Spruch“ gab es in der Heimat: Der ist ja dumm wie Bohnenstroh! Es fragt sich nur, wer dümmer war: Der Mensch oder das Stroh?!

Lydia Radestock, im November 1999

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