Beim Frisör in Praskowitz

In Erwartung auf Kundschaft durch die vielen Sommergäste und die Stammgästen in der Pension „Haus zur Heimat“ war Anfang der dreißiger Jahren ein junger Frisör namens Petrowitz mit seiner Frau zu uns nach Praskowitz gekommen.

Er eröffnete - sehr günstig gelegen - am Rande des Dorfplatzes in Fritschens Haus einen Frisörsalon. Damit man den Salon auch gleich finden konnte, wurde über der Tür ein großes Schild angebracht, und im Fenster standen einige Parfümflaschen und Seifenreklame-Schachteln. Dieser Frisör brachte damals einen Apparat mit, mit dem man Locken-Frisuren fertigen konnte. Es war ein Eisengestell, halbrund geformt wie eine offene Kugel. Daran hingen Drähte herab. Man wurde darunter gesetzt, und die vorher eingedrehten Haare durch die Kabel elektrisch beheizt.

Seine Frau machte damit den Gästen und Bauersfrauen die Dauerwellen in die Haare. Denn auch in Praskowitz war ja damals der Bubikopf Mode geworden, und die Dorffrauen ließen sich um diese Zeit ihren Dutt, welchen die meisten als Zopf geflochten hinter dem Kopf oder um den Kopf herum befestigt hatten, entfernen. Früher hatten sie vor Festen nur die Brennschere genommen und sich selber einige Locken am Vorderkopf eingedreht.

Die Frau Burmann wollte sich auch gleich so eine Frisur machen lassen. Als der Herr Petrowitz, der eigentlich für die Herrn zuständig war und nur gelegentlich half, den Frauen vorher die Haare zu waschen, bei ihr damit fertig war, sagte er: "Frau, Sie riechen nach Mülch". Damit hatte er sich's bei den Praskowitzerinnen aber erst mal verdorben, denn die Bäuerinnen hatten doch alle Kühe zu Hause und mussten sie melken. Da roch man eben nicht nach Parfüm auf dem Kopf, wenn man früh im Stall war. Auch das Bad im Waschzuber und Anziehen eines neuen Kleides half nicht viel.

Es wurde diese Bemerkung natürlich Dorfgespräch. Richtig geschadet hat sie dem neuen Friseur aber nicht. Seine Frau hatte schnell Freundschaft mit etlichen Dörflerinnen geschlossen, und er bediente dann lange Zeit nur die jungen Herrn. Denn unserem bisherigem Frisör Wolf, welcher nicht solche moderne Geräte hatte und auch nicht so teuer war, blieben besonders die älteren Männer treu.

Lydia Radestock, im Januar 2003

zurück