Gedanken einer Oma zum 11.11.

Ich sitze allein, ganz einsam und traurig, zu Hause. Bei diesem schaurigen Wetter traue ich mich nicht einmal zu einem Spaziergang heraus vor das Haus.

Heute am 11.11.07 fängt ja wieder eine neue Faschingszeit an, mit lustigen Feiern und Maskeraden ... Manche Menschen verkleiden sich deshalb. Punkt 11.11 Uhr klopfen sie dann an der Rathaustür an und verlangen vom Bürgermeister den großen Ratshausschlüssel und die Ratskasse. Darüber wird dann symbolisch die ganze Faschingszeit gewacht. Diese Sitte vom Rhein hat sich seit langem auch bei uns in Berlin an der Spree und seinem Umfeld verbreitet.

Doch: dieser Tage weht um die Häuser ein kalter Wind. Es ist fast, als beginne schon der Winter. Draußen vor den Fenstern fallen dicke weiße Flocken umeinander, schnell legt sich im Garten eine weiße Decke über die Erde. Fast möchte man an ein Leichentuch denken ...
Die Bäume im Garten sehen ganz traurig aus - sie neigen uns nun ihre kahlen Äste ohne das bunte Laub entgegen, denn sie bereiten sich auf den Winterschlaf vor. Im Innern, unter ihrer Rinde, sammeln sie Kraft für ein neues Leben im kommenden Lenz.

Aber das alles macht es den Jecken nichts aus - die jungen Leute bleiben nicht zu Hause, sie ziehen fröhlich mit Musik in den Straßen herum und rufen fröhlich "Alaf" oder "Hellau" aus lauter Kehle.

Das ist wohl der Lauf der Natur in der Welt: Es gibt immer ein Werden und ein Vergehen. So ist es auch bei den Menschen – Freud` und Leid, Glück und Unglück, Wohl und Wehe ... wechseln in rascher Folge; entgültig ist nur der Tod.

Für uns Alten, die wir dies Treiben - das der Jecken und das des Schnees - sinnend betrachten, bleibt nur die Erinnerung: auch wir haben damals zur Faschingszeit weder Schnee noch Kälte gescheut, um fröhlich zu sein. Schaut nur mal bei www.oma-im-netz.de nach, wie es vor 70 Jahren zur Faschingszeit bei uns im Sudetenland zuging!

Mein Rat deshalb an die Jungen: nutzt das Leben - Ihr habt nur eins! Lasst Eure Tage nicht sinnlos vergehen; Eure Zeit ist kostbar. Und: richtig und dauerhaft glücklich ist nur der, der Gutes tut und andern Freude zu bereiten vermag.
Denn: seid ihr erst alt und klapprig, bleibt nur die Erinnerung ...

Lydia Radestock, im November 2007

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