Meine neue „Glotze“

Mein Philips-Fernseher war mir viele Jahre treu - Pannen gab es nicht. Und dann: von einem Moment auf den anderen sagte er keinen Mucks mehr!

Auf so eine „Glotze“ verzichten wollte ich aber nicht, wenngleich mein Sohn Klaus mich immer wieder dazu drängt. Er spricht dann vom „Verblödungs-Mittel“ oder „Zeiträuber“ und fordert mich „zum Dichten am PC und Spaziergängen in der Natur auf, statt eine schwachsinnige Gerichts- oder Kochsendung nach der anderen zu sehen“.

Nein, meinen Guckkasten lasse ich mir nicht nehmen!
Übergangsweise wurde mir der kleine Fernseher meines Enkels Jörg ausgeborgt, der gerade in China weilt und ihn also nicht braucht. Da auch dieses Gerät schon ziemlich betagt ist, war damit nicht immer ein guter Empfang möglich. Aber wenigstens die Nachrichten, den Wetterbericht und meine Ratesendungen konnte ich sehen.

An meinem 85. Geburtstag zum 2. Juni um 17.30 Uhr war es dann soweit: Ein neuer Oma-Flimmerkasten sollte erworben werden!
Sohn Klaus, Schwiegertochter Beate und Enkel Hans fuhren mit mir zum nahen Einkaufstempel, genannt A10-Center. Das ist riesig. Klaus und Hans meinten aber: „Komm, Oma, Du schaffst das schon. Hake Dich bei uns ein - Du musst Dir doch ein Gerät aussuchen, das Dir gefällt.“

Im ersten Geschäft bei Real gab es schöne Fernseher, aber alle mit Hochglanzgehäusen. Die scheinen gerade Mode zu sein. Ich aber wollte eine matte Umrandung haben, welche mich nicht blendet. Beim Saturn-Markt nebenan waren wir dann auch, um nachzusehen, was dort verkauft wird. Aber es war das gleiche Angebot.

Nun war guter Rat teuer, aber wir gaben nicht auf – schließlich hatte ich Geburtstag. Also schauten wir noch einmal im Mediamarkt im Gewerbepark Waltersdorf vorbei. Dort haben wir endlich das passende mattfarbige Flachbildschirm-Gerät gefunden. Es heißt Sony.
Ein Verkäufer bediente uns fachgerecht, denn es muss doch bei Senioren auf Verschiedenes geachtet werden: Die Zahlengröße der Fernbedienung, die einfache Handhabung, die Lautstärke …

Ich war durch all das sehr geschafft und konnte kaum noch stehen. Weil kein Stuhl vorhanden war, da durfte ich mich auf eine große Fernseh-Kiste setzen, bis alles geklärt war.

Während Klaus und Hans die Bezahlung erledigten, ging ich inzwischen mit Beate zum Ausgang, um mich schon mal in das Auto zu setzen.
Als wir durch die Sperre gingen, fing die Alarmanlage zu piepsen an. Sofort kamen zwei Männer auf uns zu und kontrollierten unsere Umhängetaschen, welche Beate trug. Dort war aber nichts Technisches drin …
Mir war durch die dicke Luft in der großen Halle (aufgrund funktionsloser Klimaanlage) schon schlecht geworden, und ich muss deshalb ausgesehen haben wie das leibhaftige schlechte Gewissen - das machte uns wohl noch verdächtiger. „Gehen sie bitte noch einmal durch die Sperre“ meinte der Kontrolleur. Dann war endlich alles in Ordnung, und wir durften raus.

Es kam dann, wie es kommen musste: Das -ziemlich große - Gerät passte nicht in den Kofferraum des VW. Beate und Hans mussten es also während der Fahrt auf ihre Knie nehmen, und sahen eine Weile nichts als Karton. Zum Glück war es nicht sehr schwer.

Anschließend sind wir zu Feier des Tages noch Essen gegangen, haben unser Einkaufsabenteuer besprochen und auf meinen Geburtstag angestoßen.

War ich dann abends froh, mich endlich ausruhen zu können!

Lydia Radestock, im Juni 2009

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