Oma Radestock
lernt Computern
Mein Enkel Jörg sollte zum Weihnachtsfest des Jahres 1994 einen neuen Computer bekommen. Oft schon hatte ich zugesehen, was er alles damit anstellen konnte. Eines Tages ließ ich mich aber sogar überreden. den alten, aber noch gut funktionierenden Computer zu übernehmen. Ich besuchte dann zwar einen Computerlehrgang für Rentner in der Volkshochschule in Eisenhüttenstadt, aber da wurde uns in den wenigen Stunden nur beigebracht, wie so ein Computer technisch funktioniert, und nicht, wie man ihn bedient. Wer soll sich das Technische in meinem Alter noch merken? Die Tastatur ist so wie bei einer Schreibmaschine (die
ich beherrsche), lässt sich aber viel leichter schreiben - schon
beim geringsten Anschlag erscheinen die Buchstaben oder Zahlen. Es gibt
jedoch noch viele Regeln, welche man beim Computern erlernen muss. Den Computer hat mir Jörg so eingestellt, dass ich gleich mein Schreibprogramm vorfinde. Auch wenn ich zu Besuch im Forsthaus bei den Kindern bin, darf ich auf dem Computer von meiner Enkelin Maria eine bestimmte Datei benutzen und schreibe fast täglich alles auf, was ich dort erlebe. Anfangs habe ich immer wieder mal das Speichern vergessen
- zum Schluss war dann der ganze Beitrag weg und meine Mühe umsonst.
Manchmal war ich schon verzweifelt, wenn etwas nicht klappte. Einmal musste
ich eine neue Tintenpatrone in den Drucker einsetzen. und dabei war etwas
Tusche hinein gekommen. Wolfgang, ein Eisenhüttenstädter Freund
meines Sohnes, hat mir dieses Gerät dann gesäubert und die Tuschereste
entfernt. Er hilft mir seitdem immer wieder, wenn es mit dem elektronischen
Monster ganz und gar nicht mehr weitergehen will. Inzwischen habe ich schon allerhand gelernt. Zur Zeit benötige ich allerdings einen neuen Schreibtisch: Man braucht schon etwas Platz, um die Manuskripte auslegen zu können. Die Schreiberei macht mir ja Freude und hilft, mit den häufigen Angstzuständen und Depressionen fertig zu werden; auch meine vielen Schmerzen vergesse ich dadurch mitunter. Es ist schon so gewesen, dass mir mein Mittagessen angebrannt ist, weil ich so emsig beim Schreiben war. Mit dem neuen Lexikon, das mir Jörg installiert
hat, kann ich mir die ganze Welt und vieles aus der Natur von A bis Z
ansehen und per Computer auch Länder bereisen, in denen ich bereits
mal im Urlaub gewesen bin. Darüber freue ich mich sehr. Der winzigste
Ort ist zu finden. Sogar die kleine Gemeinde Aztec in Amerika, in der
ich schon zweimal bei meiner Cousine zu Gast war, habe ich hier entdeckt. Lydia Radestock, im August 2002 |